Geschichten verknüpfen Informationen mit Emotionen. Virtual Reality (VR) lässt besonders intensive Emotionen entstehen. Für Unternehmen bietet VR daher interessante Möglichkeiten, etwa um eine Beziehung zur Marke herzustellen oder Mitarbeiter zu schulen. Das Storytelling ist dabei elementar – Storytelling in 360°-Produktion ist schon besonders, in VR folgt es wieder anderen, ganz eigenen, Gesetzen.
Storytelling ist so alt wie die Menschheit. Schon immer haben wir Informationen in Form von Geschichten weitergegeben. Doch die Art und Weise des Geschichtenerzählens, hängt vom Medium ab. In der Vorzeit wurden Überlebensstrategien von Mund zu Mund weitergegeben, die Bilder sind im Kopf entstanden. Filme präsentieren uns fertige Bilder. Dabei bestimmt der Filmemacher, was der Betrachter sieht und leitet den Zuschauer durch die Geschichte. Anders in der VR: Hier ist nichts gefilmt, sondern alles programmiert, der User ist mittendrin in der Geschichte, hat einen Rundumblick und kann die Geschichte aktiv mitbestimmen. Storytelling, wie wir es bisher kannten, hat hier ausgedient.
Es gibt VR-Produktionen komplett ohne Storytelling. Beispielsweise wenn die Funktion einer Maschine erklärt wird – das funktioniert wie eine schriftliche Gebrauchsanweisung ohne hinterlegte Geschichte. Andere VR-Produktionen benötigen eine Geschichte, um eine Botschaft zu vermitteln. Wie das funktioniert, wollen wir näher beleuchten.
Besonderheiten des Storytellings in VR
Egal ob am Lagerfeuer oder im Film: Bisher wurde eine Geschichte immer aus einer bestimmten Perspektive und Haltung heraus erzählt. Dafür brauchte der Erzähler Struktur, Spannungselemente und starke Figuren. Der Zuhörer /Zuschauer hat die Geschichte passiv konsumiert. Anders in der Virtual Reality: Hier steht nicht der Erzähler im Vordergrund, sondern der User.
Die computergenerierte VR-Welt lässt Bewegungen und Interaktionen zu. Vom passiven Zuschauer wandelt sich der User zum körperlich präsenten handlungsmächtigen Hauptdarsteller. Als Akteur der Geschichte, kann er in Echtzeit mit der virtuellen Umgebung interagieren, kann frei in VR-Welt herumgehen, Dinge bewegen und zum Teil auch bestimmen, wann eine neue Szene beginnt. Er bestimmt also den Ablauf der Geschichte, es gibt keinen klassischen Erzähler mehr. Bisher, in klassischen Medien, war die Erzählweise linear und zeitbasiert, in der VR-Welt ist sie non-linear, räumlich und interaktiv. In der VR gibt es daher kein Storytelling im klassischen Sinne mehr, vielmehr muss in der virtuellen Realität eine Welt erschaffen werden, in der ein User seine persönliche Geschichte erleben kann.
Methoden des Storytellings in VR
In der VR-Welt ist der User das Zentrum des Geschehens. Der Bildschirm, wie bei herkömmlichen Filmen, fällt als Barriere zwischen Betrachter und Geschichte weg und damit auch die Distanz zum Geschehen. Der User hat einen Rundumblick. Soll er in der VR-Welt zu bestimmten Stellen hingelenkt werden, werden Anreize benötigt. In der Regel wird mit Geräuschen oder mit visuellen Reizen gearbeitet.
Menschen reagieren auf Geräusche und schauen dorthin, wo sie etwas hören. Also sollte von dort, wo die Geschichte passieren soll, ein Geräusch erklingen. So lenkt der sogenannte Panoramasound oder auch sphärische Sound die Aufmerksamkeit des Users auf bestimmte Stellen. Doch Geräusche lenken nicht nur den Blick des Users, sie können auch seine Handlungen beeinflussen und ihn so durch die Geschichte navigieren. Beispiel: Ein User hat mehrere Auswahlmöglichkeiten. Bei jeder Auswahl ertönt ein Geräusch, benutzt der User das interaktive Objekt richtig, klingt das Geräusch anders. So versteht er auditiv, was er machen soll.
Zudem kann in der VR-Welt mit visuellen Anreizen gearbeitet werden. Um den Blick zu lenken, kann der Ort des Geschehens heller oder farblich intensiver gestaltet sein oder schärfer programmiert. Denn Menschen gehen lieber dorthin, wo es ansprechend aussieht als in einen grauen, unscharfen Nebel. Auch Lichtblitze oder interessant aussehende Objekte erwecken die Aufmerksamkeit eines Users. So kann die Raumgestaltung ihn auf den richtigen Weg bringen.
Vorteile von VR
Weil eine VR-Produktion nicht gefilmt, sondern programmiert ist, ist hier alles möglich. In der VR-Welt kann der User Superkräfte haben, durch Räume fliegen oder vielleicht aus der Perspektive eines Tieres die Welt entdecken. Die VR eröffnet völlig neue Perspektiven und weckt Kreativität. In der VR-Welt kann der User Dinge bewegen und anfassen. D.h. die VR-Produktion bezieht neben Sehen und Hören auch weiter Sinne ein, wie etwa die Haptik. Diese Möglichkeit der Interaktion lässt die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt noch mehr verschwimmen.
Ist die virtuelle Realität gut gemacht, taucht der User so tief in die Geschichte ein, dass die virtuelle Umgebung als real empfunden wird. Dieser Effekt wird Immersion genannt. Das Empfinden „als wäre man wirklich dort“ ist also um ein Vielfaches intensiver als bei konventionellen Medien. Und je intensiver eine Emotion ist, desto stärker prägt sich eine gezeigte Botschaft ein. In der VR wird daher oftmals auch nicht von Story gesprochen, sondern eher von „Experience“.
Für Unternehmen eröffnen sich damit ganz neue Wege in der Kommunikation. Mit VR bekommen sie die Möglichkeit, eine Botschaft intensiv unter Einbeziehung verschiedener Sinne zu transportieren. In der Umsetzung ist es wichtig, sich vom herkömmlichen Storytelling zu verabschieden. Wichtig ist es, sich in die Zielgruppe hineinzuversetzen, damit die Experience in VR bei den Usern mit der gewünschten Botschaft ankommt.