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Ich habe mich vor ein paar Tagen mit einem Bekannten unterhalten. Er ist Mitte 50 und in seinem Unternehmen hochgradig berufserfahren und produktiv. Sein Kommentar zu einer Aufgabe hat mich jedoch stutzig gemacht: „…das überlasse ich den Kollegen, die mit Computern arbeiten.“ Auf meine Nachfrage hin erklärt er, dass er die Benutzung von Computer so gut es geht vermeidet. Er ist mit PCs nie richtig warm geworden und hat das Gefühl, dass sie seine Arbeit verlangsamen statt zu beschleunigen.

Das ist keine Seltenheit. Viele ältere Kollegen in allen Branchen kommen mit ihren Computern und Programmen solange gut klar, bis sich etwas an den gelernten Abläufen ändert. Sobald es größere Updates oder verändernde Maßnahmen gibt, stellt das viele vor die beschwerliche Aufgabe, sich ganz neu darauf einstellen zu müssen. Letztendlich betrifft das jeden, egal welchen Alters. Aber mit zunehmenden Jahren scheint die Bereitschaft oder Fähigkeit zur Umstellung abzunehmen.

Da erscheint es wie ein Paradoxon, dass es sich mit Virtual Reality (VR) scheinbar gegenteilig verhält: Zahlreiche wissenschaftliche Forschungen zur Benutzung von Virtual Reality im Alter (siehe z.B. Medica: Selbstbestimmter altern mit virtuelle Hilfsmittel oder Heise: Spielkonsolen und VR-Brillen für Senioren) belegen diese These. Die Ergebnisse sowie Erfahrungen aus der VR-Entwicklercommunity zeigen, dass nach nur wenigen Minuten an Einweisung in VR,  die Generation 50+ oder 60+ bereits komplett eigenständig agieren kann. Wie kann das sein?

Mouse vs. Touch

Wenn man Menschen beobachtet, wie sie neue Dinge ausprobieren, stellt man eines schnell fest: Bereits Gelerntes wird stehts zuerst angewandt. Erst wenn man mit dem bisherigen Wissen nicht weiter kommt, werden neue Wege gesucht. Wenn diese Wege einfach und intuitiv sind, lernt man schnell und auch gerne. Aber je komplexer das Unbekannte ist, desto schneller gibt man auf. Insbesondere macht es einen riesigen Unterschied, ob man durch Ausprobieren zum Ziel kommt, oder ob man eine entsprechende Anleitung benötigt.

Ältere Menschen können die Benutzung von Smartphones leichter als die von Computern lernen.

Meiner Oma zum Beispiel, habe ich nie beibringen können, einen PC zu bedienen. Mit dem Smartphone kommt sie jedoch gut zurecht. Wie kann das sein, wenn sie auf beiden Geräten dieselben Dinge tun möchte? Der wichtigste Unterschied ist das Bedienkonzept: Am PC drückt sie nicht den Knopf, den sie sieht, sondern einen Knopf auf einer Maus. Das scheint banal, ist aber eine Abstraktionsebene, die man erst einmal verstehen muss.

Wenn man in jungen Jahren Tastenkombination wie Vokabeln gelernt, Mausbewegungen wie Grammatik geübt und Menüeinträge von Programmen auswendig gelernt hat, „spricht“ man mit einem Computer eine gemeinsame Sprache, die einen nicht anstrengt. Man vergisst leicht, wie komplex und realitätsfern diese Tätigkeiten tatsächlich sind.

Der Siegeszug der Smartphones ist ohne Frage auch dem vereinfachten Bedienkonzept zu verdanken: Die Benutzer müssen nicht komplett bei Null beginnen, sondern können durch intuitives Ausprobieren zum Ziel gelangen. Eine Taste tippt man wie einen Lichtschalter direkt an. Wenn der Text aus dem Bildschirm hinausgeht, schiebt man ihn einfach nach oben – ähnlich zu einem Blatt Papier.

Digitale Evolution: von der Maus zur Virtual Reality

Windows 1.0 Windows 11

Die letzten dreißig Jahren der PC-Entwicklung haben dem Computer mehr und mehr Funktionen gebracht. Das grundlegende Bedienkonzept ist aber nahezu unverändert geblieben. Vergleicht man Windows 1.0 und Windows 11, dann haben beide eine zweidimensionale Benutzeroberfläche, Fenster mit Inhalten und einem kleinen Pfeile zur Bedienung, der sich synchron zur Maus bewegt. Es ist hübscher und umfangreicher geworden, aber im Grunde sehr ähnlich geblieben.

Bisher haben sich die Mensch und ihre Umgebungen den Computern anpassen müssen.

Mit der Digitalisierung musste sich der Mensch und seine Umgebung der Maschine anpassen, Arbeitsabläufe ändern, neu lernen. Das Smartphone zeigt, dass sich der Trend geändert hat: Die Technik passt sich heute mehr und mehr dem Menschen an. Das ist die digitale Evolution: Je einfacher das Bedienkonzept, desto erfolgreicher ist das Gerät. Und jetzt wird deutlich, welche großen Vorteile Virtual Reality mit sich bringt. Die VR bringt die IT in eine Form, die Menschen seit jeher verstehen: dreidimensionale Objekte im dreidimensionalen Raum.

Die Apple Vision Pro kreiert eine für den Menschen vertraute und angenehme Umgebung

Man kann davon ausgehen, dass das auch der Grund ist, warum Apple mit der Vision Pro in den VR-Bereich vordringt. Apple hat seit jeher die Bedienkonzepte etablierter Computertechnik vereinfacht – und damit einer weniger technisch versierten Zielgruppe zugänglich gemacht. Wenn die VR gelernter Abläufe komplizierter machen würde, wäre sie nichts für Apple. Der Tech-Gigant aus Kalifornien bestätigt damit indirekt, dass die VR die Benutzung von digitalen Inhalten vereinfachen kann.

Virtual Reality ist das Smartphone zum Aufsetzen

Bewerbungsgespräche in Virtual Reality revolutionieren den HR-Markt. Die Technologie bietet viele neue Möglichkeiten im Recruitment.
Die Interaktion mit dreidimensionalen Objekten ist in der VR viel leichter, als am Monitor.

Genau genommen führt die VR die Entwicklung der Smartphones fort: Der Text verschwindet nach unten? Kopf senken. Ein Detail ist zu klein? Näher heran gehen. Mit einem Objekt interagieren? Danach greifen. Das muss niemand lernen, das macht jeder instinktiv. Garantiert!

Wird VR dann zukünftig die herkömmlichen Laptops und PCs ablösen? Nein, mit Sicherheit nicht. Monitore, Maus und Tastatur sind für viele Aufgaben das perfekte Konzept. Man wird sich keine VR-Brille aufsetzen, um einen Artikel wie diesen zu schreiben (tatsächlich mache ich das gelegentlich sogar, wenn ich nicht von meinem unaufgeräumten Büro und der Familie abgelenkt werden möchte, aber das ist eine andere Geschichte). Und niemand setzt sich eine VR-Brille auf, um im Auto das Navi zu benutzen. Aber wenn es etwas komplizierter wird und man sich z.B. die Pläne einer 3D-Maschine mit den Kollegen oder einem Kunden zusammen anschauen möchte, dann ist das in der 3D-Umgebung einer VR-Brille viel einfacher und intuitiver, als wenn man erst lernen muss, wie man die Kameraposition des Programms am flachen Monitor mit Maus und Tastatur um die virtuelle Maschine herum bewegt – geschweige denn damit arbeitet.

In diesem Beitrag beschreiben wir, wie wir die Konstruktionsdaten eines Schiffes in die Virtual Reality überführt haben, damit eine virtuelle Schiffsbegehung möglich war, noch bevor das Schiff gebaut wurde. Das ist ein gutes Beispiel dafür, weshalb man mit seinen Kunden dreidimensionale Medien wie der VR-Brille zusammenarbeiten sollte, anstelle wie bisher sämtliche Konzepte auf 2D-Monitoren entwickeln zu müssen. Virtual Reality wird eine Ergänzung der bisherigen Medien werden. Ich persönlich rechne mit dem Dreiklang aus PC + Smartphone + VR, den man an vielen Stellen sehen wird – sowohl in privaten Haushalten, als auch in Unternehmen.

Der Zeitpunkt des flächendeckenden VR Erfolgs wird nicht von den jungen wilden bestimmt werden, sondern von den alten erfahrenen Mitarbeitern. Sie sind die Gatekeeper in den Unternehmen und die Ansprechpartner für die Kunden. Hier wird entscheiden werden müssen, ob man jenen Kunden eine VR-Brille in der nächsten Produktpräsentation zumuten kann.

Die Antwort darauf ist heute schon sowohl wissenschaftlich, als auch durch die Erfahrungen in der realen Welt, klar beantwortet: VR kann von jedem benutzt werden, unabhängig vom Alter oder den technischen Fähigkeiten. Virtual Reality ist eine Technik mit niedriger Bedien-Hürde. Worauf es heute ankommt, sind gute Erfahrungen aus nützlichen Anwendungen, die für viele Menschen zugänglich gemacht werden. Der Rest kommt von alleine.

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