Bye bye Powerpoint - Virtual Reality (VR) im Vertrieb
Ich fahre seit vielen Jahren zu Kunden und zeige die schönsten PowerPoint-Präsentationen. Aber neulich ist mir aufgefallen, dass ich seit fast einem Jahr keine einzige PPP mehr im Vertrieb angefasst habe. Das liegt nicht etwa daran, dass ich weniger unterwegs wäre, sondern dass ich endlich verstanden habe, die VR-Brille im Verkaufsgespräch richtig einzusetzen.
Von Tim Frank
Erkläre kein selbsterklärendes Produkt!
Zugegeben, wenn ich zu Kunden fahre, verkaufe ich Virtual-Reality-Software. Mein Präsentationsmedium ist also gleichzeitig das Produkt. Meine Kunden möchten die VR-Brille nutzen, um Geräte oder Dienstleistungen zu präsentieren. Verkaufstermine laufen aber in vielen Branchen oft ähnlich ab. Ich hatte meine Termine früher zum Beispiel so aufgebaut, dass ich mein Produkt (die VR-Software) erstmal in einem hübsch illustrierten Vortrag erklärt habe, damit auch jeder versteht, worum es geht. So sollte eine gemeinsame Gesprächsebene aufgebaut werden. Dann wurden Beispiele gezeigt und als Höhepunkt des Termins wurde die VR-Brille aufgesetzt.
Dieses Muster habe ich schon oft selbst in der Rolle des Kunden erlebt: Als ich zum Beispiel bei einem Anbieter für ein Ausgabesystem von Schutzausrüstung war, wurde mir in einem Konferenzraum 30 Minuten lang eine Powerpoint über die Firma und die Benefits des Systems gezeigt, bevor ich dann endlich im Nebenraum das Gerät ausprobieren durfte.
Das ist nicht mehr zeitgemäß. Heute möchten die Leute ihre Informationen schnell und direkt. Im Web und den Social Media wird das schon gut bedient, aber persönliche Treffen werden immer noch oft klassisch gestaltet.
Hands on first
Mir ist dann aufgefallen, dass immer mehr Gesprächspartner ein grundsätzliches Verständnis von Virtual Reality haben, auch wenn sie die Brille noch nicht selbst auf hatten. Ich habe also darauf verzichtet, VR zu erklären und der praktische Teil im Termin ist weiter nach vorne gerutscht: Reinkommen, die Bedienung und alle Knöpfe erklären und dann die Brille aufsetzen lassen. Wenn alle in der Simulation sind, warte ich einfach ab, bis die Teilnehmer fertig sind und danach sprechen wir über die Erfahrungen, die in der Simulation gemacht wurden. Die gemeinsame Gesprächsebene wurde also durch die Benutzung der Brille automatisch erzeugt.
Erst nach der Brillenbenutzung kommen die richtig guten Gespräche zustande. Dann sind alle abgeholt und haben das Medium verstanden. Jeder kann sich vorstellen, wie das eigene Produkt in der VR dargestellt werden kann und ein Verkaufsgespräch mit VR funktionieren kann. Und man hat mehr Zeit über die konkrete Umsetzung zu sprechen.
Lass es die Technik machen
Es hat mich aber immer noch gestört, dass ich meinen Kunden erklären musste, wie die VR-Brille zu benutzen ist. Die Lösung kam dann aus unserem Team: Wir haben ein Erklär-Level entwickelt, das in kurzer Zeit die Benutzung der VR-Brille erklärt, während man sie bereits benutzt. Wir schalten dieses Tutorial seither vor jedes Projekt, sodass auch unsere Kunden die Erklärung der VR-Brille in ihren eigenen Präsentationen nicht mehr machen müssen. Wenn ich heute Kundentermine habe, starte ich direkt mit der VR-Brille: Reinkommen, einschalten, aufsetzen und machen lassen. In der Regel haben die Teilnehmer nach 5 Minuten eine VR-Brille auf. Danach spricht man über die gemachten Erfahrungen und kann elegant zum Business-Teil überleiten. Ich packe meinen Laptop oft nicht einmal mehr aus.
Die Termine haben eine ganz neue Qualität bekommen und sind viel dynamische und beflügelnder. Eine PowerPoint kann das Gefühl nicht vermitteln, das die Teilnehmer in der VR haben. Die VR-Brille im Verkaufsgespräch zu benutzen ist, als würde man erst eine Probefahrt im Rennwagen machen lassen und dann unter Adrenalin über den Preis sprechen.
Virtual Reality hat heute kaum Hürden in der Benutzung. Im Gegensatz zu anderen neuen Medien kommen mit VR alle Altersgruppen schnell gut zurecht. Mehr dazu haben wir in unseren Blogeintrag „Darum kommen Ältere mit VR gut klar: Digitale Evolution“ beschrieben.
VR funktioniert für viele Branchen
Meine Erfahrungen aus dem Vertrieb von Virtual-Reality-Software machen auch zunehmend unsere Kunden aus anderen Branchen. Viele verkaufen Geräte, die (für Fachkundige) eigentlich intuitiv genutzt werden können: Fertigungsmaschinen, Förderbänder, Druckmaschinen, Gebäudetechnik, medizinisches Equipment, … die Liste endlos. Viele Branchen arbeiten bereits routinemäßig mit 3D-Daten, wie z.B. CAD-Dateien. Oft können diese als Basis für eine VR-Entwicklung genutzt werden (mehr dazu in unserem Blogbeitrag: „10 Tipps zur Nutzung von CAD-Daten in VR“).
Eine Vertriebsmitarbeiterin für Magensonden kam neulich zu uns: Bisher demonstriert sie es mit einer Mustersonde an einem Stück Pappe, das die Bauchdecke des Patienten darstellt. Mit der Virtual Reality Brille kann der Arzt die OP in 5 bis 10 Minuten direkt selbst durchführen. In der Simulation bekommt er nur die Hinweise, wo sich sein gewohnter Arbeitsablauf mit diesem Produkt verändert. Das ist Fokussierung auf den Punkt, hands on und bleibt im Gedächtnis. Nach der Simulation muss nichts mehr erklärt werden, man kann direkt in die Details gehen.
Wird Virtual Reality den Vertriebsmitarbeiter ablösen?
Es stellt sich nun die Frage, ob der/die Vertriebsmitarebiter:in um den Job fürchten muss. Ich bin mir absolut sicher, dass das nicht der Fall ist. Die VR-Brille kann kein gutes persönliches Gespräch ersetzen. Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.
Die VR-Brille kann aber ein wertvolles Hilfsmittel im Vertrieb sein. Wer ein Produkt verkaufen möchte, das durch Ausprobieren besser und schneller verstanden wird, als durch Erklären, der wird sein Produkt bei jedem Termin dabei haben. Wenn das Produkt aber nicht mitgenommen werden kann oder das Ausprobieren ohne Kontext nicht möglich ist, dann ist Virtual Reality die richtige Unterstützung (mehr zum Thema in unserem Blogbeitrag: „Maximierung des Kundenerlebnisses: Die Kraft des virtuellen Avatars in der Vertriebskommunikation“).
Der Einsatz von VR verkürzt den Erklärprozess, macht ihn gleichzeitig eindrücklicher, bleibt viel stärker im Gedächtnis und ist beeindruckend wie eine Bühnenshow mit Pyrotechnik. In nur wenigen Minuten sind Kunde und Verkäufer auf einer Gesprächsebene, das Produkt und seine Vorzüge sind verstanden und man spricht über den konkreten Einsatz und übers Business. Wenn man die VR-Brille richtig einsetzt, kann das zu mehr Abschlüssen und zu mehr Inhalten in kurzen Terminen beitragen.
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